Artikel von Ute Hallaschka
Ich will gerade die Straße überqueren, da trifft mich ein blauer Lichtstrahl. Unwillkürlich schaue ich mich um, nach einer Radarfalle – aber, Gott im Himmel, ich bin doch zu Fuß unterwegs. Dann suche ich tatsächlich den Himmel ab, ob vielleicht eine Drohne ...? Nach dem Blitz kommt der Donner, prasselnd geht der Hagel nieder, es ist ein Gewitter. Ein erschreckender Jahresbeginn, Anfang 2018. Obwohl ich elektronisch abstinent lebe und dies keineswegs als Verzicht, sondern als Wohltat empfinde, nehme ich offensichtlich teil am Wahnsinn der Zeit. Wie könnte es sonst sein, dass ich eine überraschende Lichterscheinungn automatisch als technisch verorte? Das blaue Licht spottet meiner Geistesgegenwart.
Zur Ausstellung ›Gotthard Graubner – Mit den Bildern atmen‹ im Künstlerbahnhof Rolandseck bei Remagen
Der Künstlerbahnhof Rolandseck ist ein phantastischer Ort. Der Terrassenbau, hoch über dem Rhein bei Remagen gelegen, beherbergt das Arp Museum mit seiner ständigen Sammlung, dazu werden wechselnde Austellungen gezeigt, wie 2017 eine spektakuläre Präsentation der Großplastiken von Henry Moore. Nicht zuletzt ist es ein prachtvoll restaurierter Bahnhof, an dem bis heute Regionalzüge verkehren. Doch das eigentlich Wundersame ist der Neubau des Architekten Richard Meier.
Theater im Nichttheater
Der Begriff »Theater im Nichttheater« stammt von Stefan Hasler, dem Intendanten der Goetheanum- Bühne. »Wo sind wir hier eigentlich?« lautete seine Begrü.ungsfrage an das Publikum. In einer Hochschule für Geisteswissenschaft und zugleich in einem Theatersaal. Eben das, was sich normalerweise nicht am selben Ort und zur gleichen Zeit miteinander vereinbaren lässt, stellt Anthroposophie dar. Es ist nicht ihre Ideologie, das Postulat ihrer Habe, sondern ihr tatsächliches Sein, das darin zum Ausdruck kommt. Es liegt allein im Bereich der menschlichen Phantasie, Wissenschaft und Kunst als die beiden untrennbaren Seiten unseres menschlichen Wesens aufzufassen. Diese auseinanderreißen zu wollen oder gar gegeneinander auszuspielen, ergibt eben das Weltbild, an dem wir leiden und das wir vorfinden als Schöpfung unserer Lebensart.
Aktuell ist ein Gedicht auf der Flucht. Es ist zum Politikum geworden, um das ein erbitterter Streit geführt wird. Die Rede ist von ›Avenidas‹, dem Gedicht des 93-jährigen bolivianisch-schweizerischen Autors Eugen Gomringer. Das Gedicht stammt aus dem Jahr 1953, seit 2011 steht es als Träger des ›Alice Salomon Poetik Preises‹ an der Fassade der gleichnamigen Hochschule in Berlin. Vor zwei Jahren wurde es von Studentenvertretern als sexistisch befunden und nun soll es nach einem Beschluss des Hochschulparlaments von der Wand gelöscht werden. – Wenn das kein Menetekel ist!
Zum 10-jährigen Jubiläum des Frauenrats derAnthroposophischen Gesellschaft in Deutschland
Im Rudolf Steiner Haus in Frankfurt wurde am 3. Juni 2023 ein Jubil.um gefeiert: 10 Jahre Frauenrat der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland (AGiD). Barbara Messmer, eine der Gründerinnen, die seit ihrer Jugend in der Frauenbewegung aktiv ist, bringt die damalige Reaktion aus dem anthroposophischen Umfeld auf den Punkt: .Muss das sein?. Brauchen wir wirklich – in der Gesellschaft freier Geister – diese geschlechtsspezifische Vertretung? Nicht etwa, um diese rhetorische Frage zu beantworten, sondern um ihren Hintergrund auszuleuchten, ein kleiner Ausflug in Welt und Zeit.
Am 9. November 2016 erfährt die Welt vom Wahlausgang in Amerika. Ein deutscher Schicksalstag, an dem wir uns erinnern an die Pogrome der Reichskristallnacht und den Mauerfall. Ein Satz aus dem kollektiven Gedächtnis: »Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten« – dies verkündete die Staatsmacht der DDR, wenige Tage bevor mit dem Mauerbau begonnen wurde. Den folgenden Satz hat Donald Trump im Wahlkampf zelebriert: »We’re going to build that wall!« Eine Mauer der Abschottung will der neue Präsident errichten – nicht nur um mexikanische Immigranten abzuwehren, sondern um alles auszugrenzen, was der Besinnung Amerikas auf sich selbst im Weg steht. Dieselbe Isolations-Geste, mit der sich Grossbritannien aus der EU verabschiedet hat, zeigt sich nun in Amerika.